Team Maik ( Maik in der Mitte und das Betreuerteam der TTG Nord)
Maik Gühmanns Weg zum Tischtennis ist ein ganz besonderer und dennoch steht er damit längst nicht allein. Dieser ist wie viele andere Menschen in Deutschland an Parkinson erkrankt. Das Ausmaß so einer Krankheit ist für viele unvorstellbar und es ist nicht selten, dass die Krankheit bei den Betroffenen und der Familie Depressionen auslösen kann. Tischtennis kann dabei ein Anker in dieser schweren Zeit sein und so kam auch Maik 2020 zum Tischtennis. Dennoch konnte er jetzt schon im Jahr 2021 bei der Parkinson WM überzeugen. Wir durften Maik und sein Team von der TTG Hamburg-Nord interviewen und möchten euch dies nicht vorenthalten. Es wird eine Enthüllung eines außerordentlichen sportlichen Erfolgs, aber vor allem die Geschichte eines besonderen Menschen, welcher sich von seiner Krankheit nicht unterkriegen ließ.
Dies ist eine mehrteilige Serie und wir starten unseren ersten Teil, bei dem das Team der TTG Hamburg-Nord im Vordergrund stehen wird. Zum Interview stand der Trainer und Organisator Jan Rüssmann bereit, welcher bei der Parkinson WM gecoacht und das ganze Projekt in die Wege geleitet hat.
Inside TT: Hallo Jan, Maik und Fabia, schön, dass wir heute die Zeit für ein Interview gefunden haben. Die erste Frage geht an dich Jan, was musste im Vorfeld für so eine WM organisiert werden?
Jan Rüssmann(Trainer der TTG Nord): Als Erstes habe ich ein Team um mich gescharrt, welches zusammen mit mir, Maik bei dem ganzen Weg zur WM und vor allem auch während der WM unterstützen sollte. Insgesamt waren wir dann fünf Personen, wobei zwei Personen ausschließlich für das Filmen zuständig waren. Geplant ist nämlich ein Film über unser Projekt, welcher voraussichtlich im Dezember erscheinen wird. Zusätzlich mussten wir uns rechtzeitig um Unterkünfte und Transportmittel kümmern und natürlich brauchten wir für all diese Dinge Geld. Demnach haben wir uns um Sponsoren und Spenden bemüht und dabei sind dann um die 4.000 Euro herausgesprungen, welches dieses Ereignis möglich gemacht haben.
Inside TT: Die erste Hürde war genommen, wie sah dann eure Trainings- und Wettkampfvorbereitung im Speziellen für so eine WM aus?
Jan Rüssmann: Natürlich erschwerten die Coronaauflagen unsere Trainingsvorbereitungen. In Schleswig-Holstein ging das Ganze ja etwas schneller voran. Damit die Zeit bis zur Hallenöffnung in Hamburg möglichst gut überbrückt werden konnte, wurde Maik ein Ballroboter zur Verfügung gestellt. Im April konnten wir dann endlich in die Halle, möglich gemacht durch eine Co-Operation mit der TTG 207. Im Mai ging es dann auch wieder in Hamburg los. Maik hatte dann eine gute Mischung aus Wettkampfpraxis und Einzeltraining. Dieses wurde von unserem Fond finanziert und drei Monate vor dem großen Turnier nochmal intensiviert. Letztendlich haben wir uns dann nochmal mit der Taktik auseinandergesetzt, welche natürlich auch auf Maik und seine Möglichkeiten zugeschnitten sein muss.
Inside TT: Den Aspekt mit der Taktik unterschätzen viele denke ich, da man ja doch vor einigen Herausforderungen gestellt ist auch als Trainer. Eure Vorbereitung war dann abgeschlossen, wie hast du im Vorfeld die Chancen für Maik bei dieser WM eingeschätzt?
Jan Rüssmann: Insgesamt war es ganz schwer eine Prognose im Vorfeld zu fällen. Ich hatte ein gutes Gefühl bei der Vorbereitung, dass Maik sich in einer guten Form präsentieren würde, aber ich hatte wenig Kenntnis über die Konkurrenz. Das Einordnungssystem ist auch anders, als man es bei anderen Turnieren kennt. Die Wettkampfklassen werden einerseits nach der Spielzeit und der Spielstärke der Teilnehmer eingeordnet und andererseits nach dem Verlauf und Stärke der Krankheit. Für mich daher auch definitiv Neuland und eine weitere Herausforderung.
Inside TT: Die Konkurrenz stellte sich ja als sehr stark heraus, dennoch hat es Maik gleich dreimal aufs Treppchen geschafft. Was denkst du, war ausschlaggebend für Maiks Erfolg?
Jan Rüssmann: Als Erstes muss man natürlich das hohe Konzentrationsvermögen anerkennen. Maik hatte bereits in der Gruppenphase sehr schwierige und enge Partien und auch im Viertelfinale war das Spiel wirklich eine Zitterpartie. Am Ende konnte Maik jedoch in allen Spielen die Ruhe bewahren und das denke ich hat ihn letztendlich auch zum verdienten Sieger gemacht. Als Zweites ist der Aufschlag zu nennen. Maik hat in allen Spielen bis zum Finale definitiv das stärkere Aufschlagspiel gehabt und hat damit sich einen großen Vorteil verschaffen können. Letztendlich wird ja auf jeder Ebene das Spiel über Aufschlag-Rückschlag zu großem Teil entschieden.
Inside TT: Im Finale einer WM zu stehen, ist natürlich schon ein einmaliges Erlebnis. Doch besonders ist dies bei einer Parkinson WM der Fall. Was denkst du können reguläre Tischtennisspieler von den Teilnehmern der Parkinson WM lernen?
Jan Rüssmann: Sie können eine Menge lernen. Selten habe ich bei einem Tischtennisevent so eine Freude und Leidenschaft erlebt, nicht nur für den Sieg und den Sport, sondern auch für das Miteinander. Es zeigt auch, dass Tischtennis sehr wohl Menschen verbinden kann und nicht nur ein „Randsporthobby“ sein muss. Dies sind alles Menschen, die harte Schicksalsschläge erlebt haben und Tischtennis hat diesen Menschen wieder Lebensqualität geschenkt. Es zeigt, dass Parkinson definitiv nicht das Ende sein muss, sondern man kann sehr gut lernen mit dieser Krankheit zu leben und das Leben trotzdem zu genießen. Wenn es Menschen können, die so harte Geschichten haben, sollte nicht jeder dann versuchen den Sport und das Miteinander an oberste Stelle zu sehen?
Inside TT: Wahre und inspirierende Worte. Dies ist ein weiterer großer Erfolg für die TTG Hamburg-Nord. Welche Projekte stehen noch für euch an?
Jan Rüssmann: Wie gesagt haben wir die ganze Parkinson WM ja mit Ton und Film dokumentiert und wollen gerne einen Film dazu veröffentlichen. Dieser wird voraussichtlich im Dezember erscheinen. Des Weiteren haben wir jetzt schon seit längerem auch ein Trainingsangebot bei dem Parkinson Erkrankte ganz normal im Trainingsbetrieb einsteigen können. In der Zukunft wollen wir dafür noch mehr tun und wollen weitere Reha Angebote schaffen. Dafür wollen wir gerne mit Orthopäden zusammenarbeiten und uns weiter ausbilden lassen, um fundierte Fachkenntnis zu bilden. Wer uns da gerne geldlich unterstützen möchte, sollte mit mir Kontakt aufnehmen.
Inside TT: Das klingt super Jan! Ich bin sehr gespannt was da noch von der TTG Hamburg-Nord so alles kommt. Ich bedanke mich sehr bei dir für das Interview.
Falls ihr jetzt neugierig geworden seid, mehr wissen wollt, oder vielleicht sogar mal beim Training schnuppern wollt, könnt ihr euch unter folgender Website informieren:
Bleibt gespannt, im nächsten Teil wird es um die Bfdlerin Fabia Gisder gehen, welche ebenfalls Maik und seine Familie im großen Rahmen betreut hat.
Autor Cedric Thornton